Der New Yorker Ökonom erwartet, dass die Eurokrise langsam von den Peripheriestaaten auf die Schwergewichte Deutschland und Frankreich überschwappt.
Momentan zeigen sich zwei herrschende Interpretationen der Eurokrise. Die eine, eher optimistische Sichtweise wagt erste Prognosen, wann die schlimmsten Verwerfungen überwunden sind und rechnet damit, dass Portugal und Spanien mit ihren Sparbemühungen schon bald auf eine – wenn auch holperige – Erfolgsstrasse zurückkehren.
Die andere Interpretation ist trüber. Sie wird geprägt von der Sorge, dass demnächst ein weiterer Brandherd auflodert – nämlich Frankreich. Das Land taumelt in eine Rezession, von Reformen ist wenig zu spüren, und damit könnte das Überschuldungsproblem bald auch auf Paris übergreifen.
So diese Prognose. Zur Skeptiker-Gruppe gesellte sich nun der amerikanische Ökonom Nouriel Roubini. In der Rezessionsgefahr Frankreichs sichtet er erste Anzeichen dafür, dass sich die Eurokrise in das Zentrum des Kontinents vorarbeitet.
Abschwung weitet sich auf Zentrum aus
«Der ökonomische Abschwung betraf zuvor die Peripherie der Eurozone. Er weitet sich nun ins Zentrum aus. Zum Beispiel ist es klar, dass Frankreich in eine Rezession übergeht», sagte Roubini in einer Rede in Mainz (zum Bericht der Nachrichtenagentur «Bloomberg»).
Aber Roubini malt sogar noch düsterer. Auch die grösste Wirtschaft in der Eurozone sei gefährdet – Deutschland. «Es gibt Anzeichen einer ökonomischen Abschwächung», sagte der Professor der New York University in Mainz. Ausgelöst werde diese im Falle Deutschlands von geringeren Exporten in die anderen Euro-Staaten und China.
Dezentes Lob für Draghi
Positiv kommentierte der Finanzexperte die Intervention von EZB-Chef Mario Draghi. «Die Europäische Zentralbank hat nun eine aktivere Rolle übernommen», was laut das Risiko eines Zusammenbruchs der Eurozone «signifikant reduziert» habe, so Roubini laut «Bloomberg».
Die aktuellen Zahlen zum Wirtschaftswachstum in der Währungsunion geben Roubini recht. Das Bruttoinlandprodukt sank im dritten Quartal um 0,1 Prozent im Vergleich zum Frühjahr. Auch dann war es bereits um 0,2 Prozent geschrumpft. Mit dem zweiten Minus-Quartal in Folge ist die Euro-Wirtschaft nun in der Rezession.