Gold oder Silber? Wie beurteilt der profilierte Rohstoffexperte die Perspektiven der Edelmetallmärkte? Wann geht die Blase zu Ende?
Jim Rogers, der Goldpreis klettert von einem Allzeithöchst zum anderen. Ist der Goldmarkt überhitzt?
Kurzfristig ist er vielleicht etwas überhitzt. Doch fundamental betrachtet ist Gold überhaupt nicht teuer. Wenn man in die Historie zurückschaut und die Inflation dazu rechnet, sollte eine Feinunze Gold bereits heute weit über 2000 Dollar kosten. Zudem besitzen noch immer die wenigsten Leute Gold. Ich habe im vergangenen Jahr vor mehreren Hundert erfolgreichen Geldverwaltern Vorträge gehalten. Diese habe ich gefragt, wer von ihnen jemals Gold besessen habe.
Nur 25 Prozent haben diese Frage mit Ja beantwortet. Das gleiche gilt für Silber, Platin und Palladium. Eines Tages werden jedoch alle Leute Gold, Silber, Platin und Palladium besitzen. Ich vermute, das geht noch mindestens fünf oder zehn Jahre. Wenn dies der Fall ist, dann haben wir eine grosse Blasenbildung. Doch noch sind wir nicht so weit. Ich kann jedem nur raten: Verkaufen Sie auf ihr Gold keinen Fall.
Welche Argumente sprechen für einen steigenden Silberpreis?
Silber notiert noch immer 60 Prozent unter seinem Allzeithöchst und ist historisch deutlich günstiger als Gold. Das Allzeithöchst lag bei 50 US-Dollar. Wenn man diesen Preis um die Inflation bereinigt, so sollte der Silberpreis heute bei 150 Dollar je Feinunze stehen.
«Es kann auch sehr schnell gehen»
Wie lange wird es dauern, bis wir auf diesem Niveau sind?
Es wird Zeit brauchen. Aber wenn der Silberpreis wieder auf ein Allzeithöchst lossteuert und wir in eine Blasenbildung kommen, wird der Preis in diese Höhen gehen. Wenn wir in eine hysterische Marktphase kommen, kann es auch sehr schnell gehen.
Doch wenn der Preis in diese Höhe, geht wissen Sie, dass wir in der Phase der Blasenbildung sind. Dann wird es Zeit zu verkaufen. Es könnte auch schon nächstes Jahr geschehen. In diesen Tagen kann an den Märkten alles passieren. Wenn beispielsweise die USA und Iran einen Krieg beginnen, können die Preise explosionsartig steigen.
«Vieles spricht für eine Fortsetzung der Goldhausse»
Was sind die fundamentalen Treiber für steigende Preise bei den Edelmetallen?
Für Gold, mehr als für alle anderen Metalle, sind es die politischen und die monetären Ängste. Wenn die Notenbanken in den USA, Japan und anderen Ländern immer mehr Geld drucken, machen sich die Leute Sorgen. Andere Treiber für steigende Edelmetallpreise könnten sein, wenn ein Nationalstaat kollabiert oder, wie bereits gesagt, wenn es zu grossen Kriegen kommt.
Auf der Angebotsseite kommt hinzu, dass im vergangenen Jahrzehnt keine einzige, wirklich grosse Goldmine geöffnet wurde. Die meisten Goldminen sind alt und bluten aus. Entsprechend sind die Goldreserven in den Minen am Sinken. Zwar wurde bis dato bereits sehr viel Gold gefördert. Doch in Zeiten wie diesen kommt dieses Gold nicht auf den Markt.
«Notenbanken als Kontraindikator»
Erwarten Sie, dass die Notenbanken in der Zukunft ihr Gold verkaufen, wenn der Goldpreis noch weiter steigt?
Die Zentralbanken gehören zu den schlechtesten Investoren der Welt. Sie kaufen, wenn die Preise steigen und sie verkaufen, wenn die Preise fallen. Die Notenbanken haben in den vergangenen fünfzehn bis zwanzig Jahren Gold verkauft. Jetzt, wo der Goldpreis steigt, sieht man schon wieder einzelne Notenbanken, die Gold hinzukaufen. Ich würde Notenbanken als Kontraindikator benutzen. Sie liegen in ihrer Einschätzung zu praktisch keinem Zeitpunkt richtig.
Ein anderer Kontraindikator sind Banken. Wenn beispielsweise Banken wie in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, damals waren es als erste die Schweizer Banken, damit anfangen allen ihren Kunden zu raten, einen gewissen Prozentsatz ihres Vermögens in Gold, dann wird es Zeit, Gold zu verkaufen. Eines Tages werden wir auch bei Rohstoffen eine gewaltige Blasenbildung sehen. Ich hoffe, ich bin clever genug, um dann zu verkaufen. Da mein Timing erfahrungsgemäss sehr schlecht ist, werde ich sicherlich wieder zu früh verkaufen.
Das gesamte Interview lesen Sie im STRATEGIE-MAGAZIN. Es erscheint monatlich und kann online unter www.strategie-magazin.ch bestellt werden.