Einer der bedeutendsten Schweizer Investmentbanker, Robert L. Genillard, ist am vergangenen Sonntag 87-jährig verstorben, wie finews.ch aus dem Kreis der Familie erfahren hat.
Der Westschweizer Robert L. Genillard (Bild links) zählt zu den grossen Figuren in der Schweizer Bankengeschichte, vor allem was deren internationale Ausstrahlung anbelangt. Geboren 1929 in Lausanne, wo er auch aufwuchs, zog es ihn schon früh in die USA, wo er zunächst in der Getränkebranche arbeitete und sich abends weiterbildete.
Seine grosse Stunde schlug 1954, als er zu White, Weld & Co. stiess, einer der damals angesehensten Brokerage-Firmen an der Wall Street, und wo er in den folgenden Jahrzehnten in unterschiedlichen Konstellationen eine steile Karriere machte.
Visionär im Kapitalmarkt
In gerade einmal vier Jahren avancierte er – 29-jährig – zum Partner; in den frühen 1960er-Jahren kehrte er nach Europa zurück und übernahm den Vorsitz der Firma, die zunehmend enger mit der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (SKA, später Credit Suisse) in unterschiedlichen Konstellationen kooperierte (Bild ganz oben) und übernommen wurde; diese Zusammenarbeit legte das Fundament für die spätere Investmentbank der Credit Suisse.
Visionär erkannte «Bob» Genillard, dass sich der Eurobond-Markt in London zu einer der wichtigsten internationalen Finanzierungsquellen entwickeln würde. Denn seit 1958 waren die europäischen Währungen wieder frei austauschbar. Rasch prosperierte so der europäische Kapitalmarkt (Euromarkt), vor allem für kurzfristig investierte Gelder.
So entstand der Eurobond-Markt
Die Gründe: Amerika war für Dollaranlagen damals wenig attraktiv, weil die US-Institute kurzfristige Investitionen nicht verzinsen durften. Daher spielte der Markt zugunsten ausländischer Finanzplätze wie Paris und eben London, wo enorme Vermögenswerte hinflossen.
Obendrein schätzten es die kommunistischen Staaten ebenfalls, ihre Dollar in Europa statt beim Erzrivalen USA zu deponieren. Bald wurden die so angehäuften Gelder, Eurodollars genannt, auch dazu verwendet, Anleihen auszugeben. So entstand der Eurobond-Markt, der viele Jahre für zahlreiche Banken eine zentrale Ertragsquelle war.
Grosse Namen
Im Zentrum dieser bahnbrechenden Entwicklung standen neben Siegmund Warburg und Evan Galbraith auch drei Schweizer: Neben Genillard, Hans-Jörg Rudloff sowie der spiritus rector der Credit Suisse: Rainer E. Gut.
Über die Jahre entwickelte sich zwischen diesen Bankern eine sehr enge Beziehung, in der noch eine weitere Person eine immer wichtigere Rolle spielte: Oswald J. Grübel, der 1970 von Genillard als Eurobond-Trader angestellt wurde. Im Jahr 1975 beförderte Genillard Grübel zum Handelschef von White Weld Europa mit den Worten: «Du hast sechs Monate Zeit, die Firma wieder profitabel zu machen, sonst schliessen wir.»
«Wir waren natürlich wieder profitabel nach sechs Monaten», sagte Grübel am Donnerstag gegenüber finews.ch. Im Jahr 1978 wurde Grübel bei White Weld zum CEO gekürt; später brachte er es bis an die Spitze der CS und dann der UBS.
Diverse Mandate
In den 1980er-Jahren übernahm Genillard diverse Verwaltungsratsmandate (Alusuisse, American Express und später auch Novartis) und betätigte sich daneben als Investor. Der CS blieb er allerdings stets verbunden, unter anderem auch im Aufsichtsgremium der Clariden Bank, die für die Grossbank stets eine strategische Sonderrolle spielte.
White Weld & Co. wurde 2012 wurde von amerikanischen Bankern neu lanciert.
Freude am iPhone
Genillard hinterlässt seine Gattin, mit der er 60 Jahre verheiratet war, sowie fünf Kinder. Laut seiner Tochter Ariane Genillard-Cowley interessierte sich ihr Vater bis zuletzt für neue Entwicklungen, einen Tag bevor er verstarb, aktualisierte er noch das Betriebssystem seines iPhones und machte sich einen Sport daraus, die verschiedenen Software-Fehler ausfindig zu machen.