Das feine Swiss Private Banking blutet aus. Jedes zehnte Institut hat das vergangene Jahr nicht überstanden, und die überlebenden Banken lernen die Lektionen daraus nicht. Das rabenschwarze Fazit einer Studie.
Die Probleme, mit denen die Schweizer Privatbanken kämpfen, sind hinlänglich bekannt. Das Bankgeheimnis ist Makulatur. Die Börsenlage scheint unberechenbar. Die Kosten für Compliance explodieren. Und die Kunden horten Berge von Cash.
Diese Berge – im Schnitt 20 Prozent des angelegten Vermögens im Swiss Private Banking – drücken doppelt, weil die Vermögensverwalter ab einer gewissen Freigrenze der Nationalbank Negativzinsen auf dem Cash abtreten müssen.
Knapp eine Viertelmilliarde Franken Strafzinsen zahlten Privatbanken im letzten Jahr, wird geschätzt.
Je länger je schlimmer
Dieses Umfeld forderte bereits seine Opfer. Wie die «Big Four»-Beratungsgesellschaft KPMG zusammen mit der Universität St. Gallen (HSG) in einer neuen Branchen-Studie eröffnete, hat jede zehnte Schweizer Privatbank das vergangene Jahr nicht überstanden.
Die Überlebenden, findet KPMG, sähen sich derweil ausserstande, aus dem Untergang ihrer Konkurrenten zu lernen. Bereits befänden sich etliche Privatbanken in einer ähnlich misslichen Lage wie die Opfer im Jahr zuvor.
«Es wird nur noch schlimmer», so das rabenschwarze Fazit der Berater. Ein radikaler Kurswechsel sei nun gefordert. Doch die Privatbanken, so scheint es, befinden sich hierzulande in einer Schockstarre.
Spitzenleistungen mit Folgen
Das ist der pessimistischste Befund einer Branchen-Studie seit Langem – und mancher Private Banker würde wohl flink entgegnen, dass bei solchen Drohkulissen immer auch der Eigennutz der Berater mitschwingt.
Den Vorwurf müssen sich auch die KPMG-Experten gefallen lassen. Was aber nicht heissen will, dass ihre Analyse, die 87 Institute in der Schweiz umfasst, nicht einige bedenkenswerte Erkenntnisse lieferte.
Aufmerken lässt insbesondere der Befund, dass dem Swiss Private Banking just das zu schaffen macht, was es bisher auszeichnete. Nämlich der individuelle Service, die Nähe zum Kunden, die zuweilen weite Aspekte aus dessen Leben abdeckt, und die Liebe zum Detail. Darin sind die Schweizer Privatbanken Spitze, auch heute noch.
Kleine wie Grosse behandelt
Der Service mit den «weissen Handschuhen» war schon immer teuer. Weil jetzt aber die Kosten explodieren und die Erträge schmelzen, wird das über Generationen gepflegte Alleinstellungs-Merkmal auf einmal zur Todesfalle. Umso mehr, als die Leistungen der Private Banker in «starken» Franken erbracht werden, während die Gebühren in «schwachen» ausländischen Währungen fliessen.
Doch viele Institute halten eisern am tradierten Business fest. «Sie haben zu kleine Kunden, bedienen sie aber wie Grosskunden, und das geht finanziell nicht mehr auf», sagt Christian Hintermann, der den Bereich Finanzunternehmen bei der KPMG Schweiz leitet.
Demgegenüber fahren Grossbanken wie die UBS einen ganz anderen Kurs: Der Vermögensverwaltungs-Riese will nur noch jene Kunden, an denen er auch gut verdienen kann.
Erfolgreiche Nischen
Wobei es nicht allein die grossen Institute sind, welche die Zeichen der Zeit erkannt haben. Wie andere kürzlich veröffentlichte Studien zeigen, schlagen sich auch kleine Privatbanken wacker im schwierigen Umfeld. Dem stimmen auch die KPMG-Experten zu. Sie verweisen dabei auf Nischen, auf welche die Zwerge im Wettbewerb erfolgreich fokussieren können.
Beispiele dafür sind Immobilien-Investments, auf welche sich etwa die Zürcher Lienhardt & Partner oder die Banque Bonhôte in Neuenburg erfolgreich spezialisiert haben.
Dass Privatbanken den Kunden und damit den Menschen ins Zentrum stellen, mag mit ein Grund sein, warum viele von ihnen auch die Digitalisierung zu verpassen drohen. Auch KPMG weist daraufhin, dass Privatbanken teils mit IT-Plattformen arbeiten, die aus den 1980er- und 1990er-Jahren stammen.
Auch im Untergang ist Timing gefragt
Ein solch technologischer Rückstand wäre in anderen Industrien undenkbar – und bisher nur wegen der hohen Margen zu verkraften.
Doch die sind nun Geschichte. Die dem Untergang geweihten Institute erweisen sich teils sogar als zu schwerfällig, um wenigstens aus ihrem Ende Gewinn zu schlagen. Die Konsolidierung kommt deshalb nur schleppend voran. «Die Eigner haben den Moment verpasst», stellen die KPMG-Experten fest.