Banken vergeben Hypotheken nicht nur so günstig wie nie – sie zahlen den Kunden auch die Anbindung der Zinsen für die Zukunft. Dahinter steckt eine Wette, die das Retailbanking entzweit.
Sogar auf dem Kurznachrichten-Dienst Twitter sind die Retailbanker der UBS unterwegs. «Fixieren Sie Ihren Hypothekarzins jetzt. Kostenlos. Und bis auf ein Jahr im voraus», werben sie (siehe unten). Und können sich der «Retweets» sicher sein.
Fix your fixed-rate mortgage rate free of charge now. Up to a year ahead. https://t.co/Qjnxdpczkc
— UBS Schweiz (@UBSschweiz) 11. Mai 2016
Tatsächlich ist das ein verlockendes Angebot. Denn die Zinsen sind gerade für zehnjährige Festhypotheken nochmals gesunken. Mit etwas Geschick liessen sich bei diesen Laufzeiten Zinsen von 1 Prozent aushandeln, schreibt der Vergleichsdienst Comparis.
Das ist ein neues Rekordtief.
Der Greif-Reflex
Entsprechend geht der Reflex der Hypothekarschuldner: Zugreifen, so lange die Sätze noch so tief sind. Oder: Sich den Zins fürs nächste Jahr zusichern lassen, wenn eine noch laufende Hypothek abgelöst werden muss. Das verspricht die UBS – gratis.
Die Aktion lässt sich die Nummer eins des Schweizer Retailbanking etwas kosten. Denn um den Zins zu sichern, muss sie ein Termingeschäft abschliessen. Dieser «Forward»-Kontrakt ist nicht umsonst, er «kostet» bei einer zehnjährigen Festhypothek derzeit 9 Basispunkte, bei einer fünfjährigen Hypothek 8 Basispunkte.
Das ist gleichsam der «Rabatt», den die UBS ihren potenziellen Kunden auf deren nächsten Abschluss offeriert.
Gegenwette der Banken
Dies kann je nach Volumen ganz schön ins Geld gehen. Besonders, wenn die Zinsen bald steigen sollten. Das nimmt die UBS in Kauf, wie viele andere hiesige Institute übrigens auch – Zinsen-Forwards sind am Hypothekarmarkt gängig. Doch warum nur?
Wohl deshalb, weil zahlreiche Schweizer Retailbanken derzeit ganz anders wetten als ihre Kundschaft. Das bestätigt Stefan Mühlemann, Partner bei der Zürcher Finanzierungs-Spezialistin Pro Ressource Finanzierungsoptima. «Das Angebot von gratis-Forward-Sätzen ist ein Hinweis darauf, dass die Banken mit noch verschärfteren Negativzinsen rechnen», erklärt der unabhängige Hypotheken-Experte.
Doch das ist noch nicht die ganze Wette. Interessanterweise haben die Geldhäuser genau wir ihre Kunden den Drang, die heutigen Bedingungen für die Zukunft festzuhalten.
Doppelte Marge trotz Nationalbank-Entscheid
Denn anders als intuitiv erwartet werden könnte, sind Hypotheken im Negativzinsumfeld für das Swiss Banking bisher kein schlechtes Geschäft gewesen. So sind die Margen der Banken nach dem Nationalbank-Entscheid vom Januar 2015 noch deutlich gestiegen.
«Trotz rekordtiefem Zins von 1 Prozent für eine 10-jährige Festhypothek erwirtschaften die Banken gegenüber dem Marktzins von -0,4 Prozent immer noch eine Marge von 1,4 Prozent», erklärt Mühlemann. Dies bedeute im Vergleich zu anderthalb Jahren zuvor eine Verdoppelung der Marge.
Indes, die trotz Negativzinsen erträglichen Zeiten müssen für die Banken nicht anhalten.
Muss der Refinanzierungssatz weichen?
So erwartet Pro-Ressource-Partner Mühlemann, dass die Margen unter Druck geraten. «Insbesondere könnte der von den Banken schweizweit und recht willkürlich eingezogene Refinanzierungssatz mit einer Untergrenze von 0 Prozent in den negativen Bereich geschoben werden», gibt er zu bedenken. Dies könnte etwa geschehen, wenn die Kunden nochmals günstigere Konditionen von den Banken fordern.
Das zeigt: Vom Zinsumfeld profitieren, das wollen alle Teilnehmer am Schweizer Retail-Banking. Doch jede Wette kennt nur einen Gewinner. Die Zeit wird zeigen, wer.