Britische Grossbanken streichen Tausende von Stellen im Investmentbanking. Was die UBS vor drei Jahren in Angriff nahm, wird zur Blaupause in der Branche. Kommt deswegen nun Schadenfreude auf?
Bei ihm hätten bereits die Telefone geschrillt, berichtet ein Schweizer Investmentbanker. Hiesige Exporteure riefen an, um sich nach einen neuen Partner für den globalen Zahlungsverkehr umzuschauen. Sie seien Kunden der Royal Bank of Scotland (RBS), die in diesem Geschäft führend sei. Doch jetzt trauten sie dem britischen Institut offenbar nicht mehr über den Weg.
Angesichts der jüngsten Schlagzeilen über diese Bank ist das nicht weiter verwunderlich. Wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) diese Woche berichtete, will die RBS in ihrer Investmentbank bis 2019 mindestens 14'000 Stellen streichen. Im einstigen Kerngeschäft der Grossbank gehen damit vier von fünf Jobs verloren.
Kaum besser steht es um die britische Rivalin Barclays. Dort wurde bereits letztes Jahr die Losung ausgegeben, dass jeder vierte Investmentbanker gehen muss. Insgesamt fallen dort 7'000 Stellen der «Sparaxt» zum Opfer. Der Kahlschlag hat also bereits begonnen.
Schlechte Neuigkeiten
Damit steht fest: Bei den einst stolzen britischen Investmentbanken bleibt kein Stein auf dem anderen. Das löst ausserhalb Londons nicht wenig Häme aus. Grossbritannien mache damit seinen Zugang zum Finanzmarkt vom Ausland abhängig, mokierte sich der amerikanische TV-Sender «CNBC», und laut der deutschen «Wirtschaftswoche» rutschen Londons Banker in die Zweitklassigkeit ab.
Wer sich am hiesigen Bankenplatz umhört, vernimmt indes keinen Jubel über die Schwierigkeiten der Rivalen an der Themse. Im Gegenteil. «Das sind schlechte Neuigkeiten für die ganze Branche», erklärt der Chef der Investmentbank-Abteilung eines Schweizer Auslandsinstituts. Der Abbau bei der RBS sei ein klares Zeichen dafür, dass das Investmentbanking unter einem enormen Stress stehe.
Neben «Stress» macht derzeit noch ein anderer Begriff unter Investmentbankern die Runde: «UBS-isierung».
Mission accomplished?
Im Jahr 2012 war es nämlich die UBS gewesen, die unter der Führung ihres damals neu angetretenen Chefs Sergio Ermotti ihren Investmentbankern eine radikale Schrumpfkur verpasst hatte. Nachdem die Finanzkrise die Allmachts-Phantasien der grössten Schweizer Bank hatte platzen lassen, verschrieb sich die UBS einem neuen Ziel: zum führenden Vermögensverwalter der Welt aufzusteigen.
Vor zwei Wochen verkündete Ermotti im Rahmen der Jahrespressekonferenz «mission accomplished» – die Transformation der Bank sei abgeschlossen. Die UBS-Investmentbank, die in der neuen Ära als Zulieferer der Vermögensveraltung fungiert, gab zu diesem Zeitpunkt jedoch ein ambivalentes Bild ab. Die Renditeziele für 2014 wurden nicht erreicht, und die Fortschritte im Beratungsgeschäft wurden durch Rücksetzer im Anleihen- und Devisengeschäft geschmälert.
Was macht die CS?
Derweil laviert auch die Schweizer Erzrivalin Credit Suisse (CS) unter ihrem CEO Brady Dougan zwischen Ab- und Ausbau der Investmentbank. Einerseits will sie das Private Banking zum gleichwertigen Standbein innerhalb des Konzerns ausbauen – was Ende 2014 beim Ertrag auch gelang. Anderseits möchte die CS weiterhin im Konzert der grossen Investmentbanken mitspielen und eine umfassende Dienstleistungs- und Handelspalette anbieten.
Das Geschäft ist aber höchst volatil. Und darum ist die Frage berechtigt: Kann die CS-Investmentbank ihre Generalisten-Strategie mittelfristig durchziehen?
Ausweichen geht nicht
Branchenkenner äussern Zweifel. Für sie ist klar: Das Investmentbanking ist und bleibt ein diffiziles Geschäft. Wer überleben will, muss sich noch stärker auf einzelne Segmente fokussieren. Ein Ausweichen in neue Märkte und andere Jurisdiktionen funktioniert auf längere Frist kaum. Die neuen Gesetze, die das kapitalintensive Investmentbanking besonders hart treffen, werden global umgesetzt.
Verständliche deshalb, dass bei den Investmentbankern weltweit keine Schadenfreude ob dem Umgemach der britischen Kollegen aufkommt. Denn alle wissen: Die Axt wird noch lange nicht zurück in den Schrank gesperrt.