Der Devisenskandal fördert dreiste Chats zutage, über die sich die UBS-Händler austauschten. Für die Bank droht Social Media vom Segen zum Fluch zu werden.
Das ist ein Skandal zu viel. Nachdem sich die UBS nicht nur in den Steuerstreit mit dem Ausland verwickelt sah, sondern auch mit Fehlspekulationen eines Händlers (Kweku Adoboli) und Manipulationen des Libor-Zinssatzes auffiel, griffen die Behörden durch.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) büsste die grösste Schweizer Bank am Mittwoch wegen Manipulation von Devisen- und Edelmetallkursen mit 134 Millionen Franken. Gleichzeitig verhängt sie Sanktionen gegen elf UBS-Banker.
Mit den Bussen, welche die UBS auch noch in den USA sowie in Grossbritannien abdrücken muss, läppern sich die Sanktionen auf fast 800 Millionen Franken zusammen.
Tausende Chats durchforstet
Es ist aber nicht nur das forsche Vorgehen der Finma, welches den Forex-Skandal gegenüber früherer Finanzaffären hervorstechen lässt. Auffällig ist, dass die Behörden mit ihren Ermittlungen in einen Raum vorstiessen, der für die Bankbranche bisher als Neuland galt: Social Media.
Wie die Finma in ihrer Verfügung am Mittwoch nämlich mitteilte, spielten elektronische Kommunikationsplattformen beim Fehlverhalten im Devisen- und Edelmetallhandel eine wichtige Rolle. «Die missbräuchlichen Verhaltensweisen gingen auf Informationen zurück, die in Chats ausgestauscht wurden», stellt die Aufsicht fest.
Die Finma habe deshalb «tausende von verdächtigen Konversationen» von Händlern verschiedener Banken untersucht.
Warnungen vor der internen Aufsicht
In einem ausführlichen Bericht zu ihren Ermittlungen zerrt die Finma einzelne Ausschnitte aus Händler-Chats ans Tageslicht. Als besonders dreist erscheinen Konversationen, in denen explizit vom (verbotenen) Front-Running die Rede ist. Zur Erklärung: Dabei werden kurz vor einem grossen Kundenauftrag eigene Wetten platziert, um von der erwarteten Kurssteigerung zu profitieren.
UBS-Händler: «the day of intervention, i was frontrunning EVERY SINGLE ODA and i mean EVERY haha»
UBS-Händler: «thanks vm my friend [...] du chasch das frontrunne wie d wotsch, up to you»
Schnell verbreiteten sich über die Chats auch Warnungen vor möglichen internen Sanktionen. Das belegt ein Händler-Chat vom Mai 2011.
Händler: «Das ding ist wir dürfen nicht mehr front runnen, compliance sitzt uns am arsch»
Verschworene Gemeinschaften
Aus anderen Untersuchungsberichten wird klar, dass sich die Händler in ihren Foren als verschworene Gemeinschaften betrachteten. Davon zeugen nicht zuletzt die Namen, welche einzelne Chats trugen: «Das Kartell» etwa oder «die Mafia» oder gar «der Klub der Banditen».
Zudem seien die Chats voller Anspielungen auf Drogen, Geld und Frauen gewesen, wie verschiedentlich berichtet wurde.
Derweil sind Chats im Alltag von Tradern weiterhin ein wichtiges Werkzeug. Sie flackern über die multiplen Bildschirme der Handelsräume, und dabei werden die unterschiedlichsten Dienste in Anspruch genommen – sogar so reputable wie der Finanznachrichtendienst «Bloomberg».
Chance mit Schattenseiten
Chats erleichtern den Händlern ihre Arbeit. Gleichzeitig entdecken die Vermögensverwaltungs-Abteilungen derselben Häuser den Nutzen von Social Media zur Kundenbindung.
Sinnigerweise ist es gerade die UBS, die diesbezüglich in der Schweiz eine Vorreiterrolle innehat, wie auch finews.ch berichtete. Doch nun drohen die neuen Kommunikationsmittel für die Banken vom vermeintlichen Segen zum Fluch zu werden.
Von nun an verboten
Für die UBS-Devisenhändler hat sich der Fluch schon erfüllt. Wie das «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, sind Chats in den UBS-Handelsräumen von nun an verboten.