Der renommierte Schweizer Investor lanciert mit seinem Sohn Roman einen neuen Makrofonds. finews.ch sprach mit ihm über das Projekt.
Herr Zulauf, was hat Sie bewogen ein Comeback als Hedge-Fonds-Manager zu geben?
Den Anstoss zu Vicenda gab mein Sohn, der nach seinen Lehr- und Wanderjahren mit Kollegen einen Fonds starten wollte. Als Vater, der sich seit Jahrzehnten täglich leidenschaftlich mit den Märkten beschäftigt, konnte ich da nicht abseits stehen. Ich bin Teilhaber und Co-Anlagechef, aber nicht der Opinion Leader, der das Unternehmen dirigiert. Vicenda ist ein Teamprojekt, aber wo nötig, werde ich auch mal ins Steuer greifen.
«Wir harmonieren gut»
Vater und Sohn als Co-Chief-Investment-Officer. Geht das?
Wir sind völlig unterschiedliche Typen und harmonieren gut.
Bull und Bear?
Nein, als Persönlichkeiten. Punkto Ideologie und Anlagephilosophie verfolgt er eine ähnliche Linie wie ich. Das hat sich so ergeben, das war nie meine Vorgabe. Ich wollte auch nicht, dass er in meine Firma Zulauf Asset Management eintritt. Der Persönlichkeit des Sohnes ist es nicht unbedingt förderlich, wenn er im Geschäft des Vaters Karriere macht.
Wie münzt man Ansichten über die Entwicklung der Wirtschaft im Alltag in Anlageentscheidungen für Vicenda um?
Der Prozess ist relativ einfach. Am Wochenende analysieren mein Sohn, ein weiterer Portfoliomanager und ich unabhängig voneinander die Märkte.
Wie seit Jahrzehnten halte ich meine Analyse auf ein paar wenigen Seiten fest. Ich prüfe diverse fundamentale Datenreihen. Dann sind die Finanzmärkte an der Reihe. Anhand technischer Modelle sehe ich alle relevanten Zinsen und Währungen an. Ich gehe alle börsengehandelten Rohstoffe durch, alle wichtigen Aktienindizes, die wichtigsten Aktiensektoren und die etwa 75 grösstkapitalisierten Aktien Asiens, Nordamerikas und Europas in den technischen Modellen. Dann stellt sich die Frage, ob die fundamentale These sich in den Märkten reflektiert oder sich dort etwas anderes abspielt. Aus dieser Antwort bildet sich eine Meinung und diese Meinung liste ich auf.
Meine beiden Kollegen machen das in ähnlichem Stil. Am Sonntagabend findet dann ein Austausch zwischen uns statt. Mein Sohn verarbeitet das in einem Papier. Am Montag ist die Wochensitzung, in der dieses thematisiert wird – eventuell auch telefonisch. Man bespricht die Trends, die mittelfristigen, die kurzfristigen und auch die ultrakurzfristigen. Dann ist es Sache des Portfoliomanagers, in dem ihm zugeteilten Bereich mit seinen ihm bewilligten Risikoallokationen Positionen zu traden.
«Ohne Disziplin geht es nicht»
Das ist aber ein recht aufwendiger Prozess – für Sie?
Ja, aber das mache ich schon seit Jahrzehnten. Ich halte es damit auch so, seit ich meine ursprüngliche Firma verkauft beziehungsweise abgespalten habe und mich nur noch um mein eigenes Geld kümmere. Es ist auch ein Hobby. Wenn ich irgendwo meine Ansichten kundtue – ob sie richtig oder falsch sind – lege ich einfach Wert darauf, dass sie auf einer disziplinierten Grundlage stehen. Ohne Disziplin geht es in diesem Geschäft nicht.
Sie streben 50 Millionen Franken Equity an. Kann man mit diesem Volumen ein lukratives Geschäft betreiben?
Nein, das ist zu wenig, aber wir werden hart arbeiten, um das Geschäft zu entwickeln. Jedoch fahren wir punkto Kosten eine sehr kleine Flamme und die Mannschaft ist zwar mit professionellem Werkzeug ausgerüstet, aber punkto übrige Kosten steht sonst alles auf dem Minimum, wie das eben bei Neugründungen notwendig ist. Die Bereitschaft der jungen Leute auf vieles zu verzichten und sich einzuschränken um den langfristigen Erfolg anzustreben zeugt von grosser Leidenschaft und Erfolgswille.
«Ein Track record ist gefragt»
Wie ist die Reaktion der Anleger auf den neuen Makrofonds?
Die ersten zwei Jahre sind für einen Fonds dieser Art stets am schwierigsten. Wenn man es in dieser Zeit nicht schafft, gewisse Marksteine zu erreichen, muss man die Übung abbrechen. Dessen ist sich die Vicenda-Crew bewusst. Was das Produkt verspricht, ist gut angekommen. Wir müssen allerdings erst beweisen, dass wir auch liefern, was wir liefern möchten.
Besonders die professionelleren Anleger wissen, dass sie die benötigte Rendite mit konventionellen Strategien nicht mehr erreichen. Diese Rendite kann man mit einer sehr beweglichen Politik, also Trading, und einem sehr stringenten Risikomanagement wahrscheinlich erzielen – sofern man es gut macht. Nur: Die Anleger, die das Produkt verstehen und grosses Interesse daran zeigen, verlangen zuerst einen Track record und ein gewisses Fondsvolumen.
Keine Sponsoren am Horizont?
Anders als im angelsächsischen Raum sind die grossen Institutionellen hierzulande weniger unternehmerisch. Die Hemmschwellen für ein Sponsoring im Hedge-Fonds-Geschäft liegen sehr hoch – nach einigen Ereignissen auch nicht ganz unverständlich.
So bleibt uns nichts anderes übrig als zu versuchen, mit dem «Family and friends»-Ansatz, mit Family Offices und begüterten Privatanlegern peu à peu einen Stock aufzubauen. So müssen wir Meilensteine setzen. Wenn wir dann 100 Millionen verwalten und zwei Jahre dokumentieren können, dann geht die Tür für ein Marketing bei den Institutionellen auf.
Erfahrungsgemäss fahren Investoren bei neu lancierten Fonds jedoch am besten, wenn sie von Anfang an dabei sind.
«Es ist ein steiniger Weg»
Wie klein können denn die Schrittchen sein?
Die kleinste Tranche ist 100‘000 Franken. Es ist also ein steiniger Weg. Die Vicenda-Mannschaft macht sich da auch keine Illusionen. Sie ist aber bereit, einen Teil ihrer Ersparnisse in ein Projekt zu investieren, dessen Erfolg nicht garantiert ist.
Aber Sie sind ein bedeutender Kapitalgeber?
Ja, das bin ich, aber nicht in einem Ausmass, dass Vicenda allein meines materiellen Engagements wegen sicher reüssiert.
50 Millionen Franken haben Sie als erstes Ziel gesetzt. Wie weit sind Sie schon?
Wir haben diese Marke noch nicht erreicht. Doch wir sind auf gutem Wege und hoffen das noch vor Jahresende zu schaffen.
«Hohe Liquidität ist garantiert»
Sie gewähren eine hohe Liquidität der Fondsanteile. Verlangen das heute die Hedge-Fonds-Anleger einfach?
Ja, die Anforderungen haben sich gewandelt, seit die Liquidität der Anlagen in der letzten grossen Finanzkrise zu einem Problem geworden war. Wenn man in Europa angesichts der Konkurrenz der liquiden Ucits Kapital anziehen will, muss man eine hohe Liquidität garantieren. Mit unserer Arbeitsweise stellt die Liquidität auch kein Problem dar. Wir tätigen ja keine langfristigen Investitionen, sondern wir reiten und spielen Trends und dies mit kleinstem Risikoengagement, sodass der grösste Teil der Gelder eigentlich flüssig bleibt.
«Gold ist ein interessanter Rohstoff»
Welche Rolle wird Gold für Vicenda spielen?
Wir sind an allen liquiden Märkten aktiv. Gold ist ein liquider Rohstoff, ein interessanter überdies, der viel Bewegung zeigt. Gold wird von Zeit zu Zeit immer wieder mal im Portefeuille sein – nicht nur mit Long-Positionen. Die Goldpositionen im Fonds werden nicht meine Ansichten über die langfristige Entwicklung spiegeln.
Gold hat einen soliden mittelfristigen Boden gefunden. Für eine neue grosse Welle braucht es fundamentale Veränderungen. Die nächste Krise wird es richten. Und die wird auch kommen. Die Welt ist bei weitem nicht so gesund, wie es einem die neuesten Konjunkturprognosen glauben machen wollen.
Vicenda strebt ein konservatives Renditeziel an. In diesem Zusammenhang interessieren den Anleger auch Ihre Inflationserwartungen.
Die Betonung liegt auf anstreben. Ich wäre mit 5 Prozent nicht unzufrieden. Das zu erreichen wird nicht einfach sein, angesichts der geringen Risiken, die wir eingehen.
Die offiziellen Teuerungszahlen werden weiterhin bescheiden sein.
Der deflationäre Druck im System ist das grössere Problem. Wir sehen eine monetäre Inflationierung, was geldtheoretisch eine Inflation zu Folge haben sollte. Inflation erleben wir zurzeit nur in einigen Segmenten der Wirtschaft, an der Börse zum Teil, in gewissen Immobilienmärkten und einigen Sparten des Kunstmarkts. Die klassische Inflation wird in den USA und in Europa wohl noch zwei Jahre unter 2 Prozent bleiben.