Besonders im hart umkämpften Geschäft um die sehr vermögende Privatklientel machen sich viele Banken und ihre Kundenberater etwas vor. Hier sind die sieben grössten Fehlannahmen.
1. Die Illusion der besseren Finanzprodukte
Noch immer glauben viele Banken, dass sie bessere Finanzprodukte als die Konkurrenz anbieten. Das ist falsch. Alle Geldinstitute offerieren praktisch identische Vermögensverwaltungsmandate, empfehlen die gleichen Aktien und Anleihen, und wissen zumeist wenig über wirklich attraktive Investment-Möglichkeiten.
2. Unnötiger Concierge-Service
Manche Banken brüsten sich damit, ihren Top-Kunden einen so genannten Concierge-Service anzubieten. Dabei vermitteln sie Kontakte oder VIP-Tickets für Veranstaltungen, sie organisieren Cocktails für Small-Talk oder auch Vorträge.
Besonders wohlhabende Privatkunden, also Ultra-High-Net-Worth-Individuals (UHNWI) von heute, brauchen das kaum. Sie haben ihre eigenen Berater, sind selber schon bestens informiert und vernetzt, zudem schätzen sie die Diskretion, wollen sich also nicht, an irgendwelchen Partys mit Neureichen abgeben.
3. Enormes Unwissen
Die Banken behaupten gern, ihre Kunden zu kennen. Das ist masslos übertrieben. Vielmehr ist es immer wieder erschreckend, zu sehen, wie die Banken das Wissen über ihre Kunden überhaupt nicht systematisch einsetzen.
Nur die wenigsten Kundenberater würden sich effektiv für ihre Klientel interessieren. Viele sehr vermögende Personen stellen überdies fest, dass sie in vielen Situationen, in denen ein Investment-Entscheid anstünde, kaum kontaktiert würden.
4. Mehr Vertrauen statt nur Verkaufen
Und falls die Kunden tatsächlich kontaktiert werden, müssen sie feststellen, dass die Banken ihnen irgendwelche Finanzprodukte, die gerade «en vogue» sind andrehen wollen.
Statt einem solchen «Product-Pushing» wünschen sich UHNWI heute mehr Vertrauen, so wie es früher im «Relationship-Banking» üblich war. Offenbar sind manche Finanzinstitute in den letzten Jahren aber davon abgerückt.
5. Die Ignoranz der Interessen
Besonders sehr reiche Kunden legen immer mehr Wert auf Ethik und Moral, vor allem seit der Finanzkrise und dem massiven Imageverlust der Banken. Unter diesen Prämissen wollen viele wohlhabende Personen ihr Vermögen sinnvoll und nachhaltig anlegen.
Doch leider müssen sie feststellen, dass viele Kundenberater weit davon entfernt sind, auf derlei Wünsche und Bedürfnisse einzugehen. Sie tun stattdessen so, als hätte es die Finanzkrise gar nicht gegeben oder die daraus resultierenden Probleme längst gelöst seien.
6. Ein unscharfes Profil
Eigentlich scheint es, als hätten die Banken bis heute nicht begriffen, dass sie in einem Wettbewerb mit einer Vielzahl von Konkurrenten stehen. Denn viele sehr vermögende Kunden beklagen sich immer wieder, dass die meisten Finanzinstitute zu wenig daran setzen, ihr Angebot zu differenzieren.
Mit anderen Worten: Die Banken begnügen sich mit einem unscharfen Profil, und geben so leider nur den Eindruck nach aussen, dass sie austauschbar sind. Kunden, besonders sehr reiche, die zum Teil entscheidend dazu beitragen, dass es einem Institut gut geht, wünschen sich aber logischerweise unverwechselbare Geldhäuser.
7. Viele Banken sind ersetzbar
Microsoft-Gründer Bill Gate erklärte schon vor bald zwanzig Jahren: «Banking is essential, banks are not». Vielleicht war er mit seiner Feststellung damals noch etwas zu früh, doch inzwischen trifft diese Feststellung vollumfänglich zu. Doch viele Banken glauben immer noch an das Gegenteil – der Kunde würde sie brauchen. Das ist natürlich falsch.
Gerade mit dem technologischen Fortschritt werden viele Bankdienstleistungen im Internet verfügbar, und dort lassen sich auch Kontakte knüpfen, Informationen sammeln und Angebote vergleichen. Jene Banken und branchenfremden Akteure, die es fertig bringen, ihr personalisiertes Angebot mit Online-Services zu kombinieren, haben die besten Chancen in der Zukunft – selbst bei den UHNWIs.
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